Mittlerweile sind die Begriffe Empowerment und Recovery auch bei den Professionellen angekommen. Es gilt aber sich selbst zu empowern (sich selbst ermächtigen) und auf die eigenen Kräfte beim Recovern (Heilung, Genesung) zu bauen. In anderen Ländern wie Großbritanien, USA und Austarlien/Neuseeland sind die Prinzipien von Recovery und Empowerment schon Grundlage von Gesetzen und der Behandlung von psychisch Kranken. Grundlage von Recovery ist die Hoffnung auf Wiederherstellung einer guten Lebensqualität. Eine internationale Studie der WHO (International Study of Schizophrenia/ISoS) stellte fest, dass psychisch Kranke in Entwicklungsländern eine größere Chance haben, zu recovern als in den Industrieländern. Das Überrascht auch, weil in den Entwicklungsländern deutlich weniger Medikamente gegeben werden. Man kennt die Ursache nicht, aber man nimmt an, dass die psychisch Kranken in den Entwicklungsländern mehr in die Familie und die Gemeinde integriert sind. Immer mehr psychisch Kranke stellen fest, dass sie recovern können obwohl sie eine schlechte Prognose vom Psychiater bekommen haben. 20% der psychisch Kranken genesen nach einer Episode der Krankheit. 35% haben mehrere Episoden, leben aber ohne Symptome in der Zwischenzeit. Der Rest hat Restsymptome, kann aber auch mit ihnen leben lernen. Wer recovert kann auch Medikamente nehmen und Rückfälle haben. Wichtig ist, dass man eine hohe Lebensqualität auch als chronisch Kranker erreichen kann. Man stützt sich mehr auf die Resourcen und Stärken der psychisch Kranke, statt von ihren Defiziten auszugehen. Hoffnung ist die Grundlage von Recovery. Auch Beziehungen zu anderen Menschen sollen gestärkt werden.
Zu Empowerment gehört auch eine andere Art der Behandlung, wie er z.B. in dem Soteria Ansatz des Dabeiseins erfolgreich praktiziert wird. Er muß nur noch ausgeweitet werden.
Bei der UN-Behindertenkonvention, die Deutschland zum 1.1.2009 ratifiziert hat, haben auch Behindertenverbänder und Psychiatric Survivors mitgewirkt. Die Verhandlungen in New York haben fast 4 Jahre gedauert, doch es ist auch beachtliches dabei herausgekommen. Eine Veranstaltung der Behindertenbeauftragten der Bundesregierung in Osnabrück, an der ich teilgenommen habe, stellte fest, dass sich Behindertenkonvention und Psych Kgs der Länder und des Bundes widersprechen. Denn die Behindertenkonvention verbietet ausdrücklich das einsperren und zwangsbehandeln von psychich Kranken. Man versuchte zwar noch von Seiten der Professionellen zwischen Kranken und Behinderten zu unterscheiden, Aber jeder, der eine psychische Krankheit hat und in der Psychiatrie war, kann einen Behinderten-Ausweis bekommen.
Auch das Betreuungsrecht muß wohl geändert werden, weil die Behindertenkonvention den Behinderten wollen Rechts- und Handlungsfähigkeit zugesteht. So kann nicht mehr auf den freien Willen verwiesen werden, sondern nur noch auf den natürlichen oder erklärten Willen der psychisch Kranken. Wenn sie nein zur Betreuung sagen, kann diese nicht verhängt werden.
Die Bundesregierung hat zwar noch nichts in den Psych Kgs und dem Betreuungsgesetz geändert und diese in die Deutsche Fassung der Konvention übernommen, aber man kann sich jetzt bis zu einer Kommission, die die Rechte der Behinderten bei der UN überwacht durchklagen.
Es wird Zeit, dass sich die psychisch Kranken empowern und auf der unverfälschten Anwendung der UN-Behindertenkonvention beharren. Es gibt weitere Streitpunkte bei der Konventionsübersetzung in deutsches Recht, die aber meist nur körperlich und geistig Behinderte im Bereich der Bildung und der Barrierefreiheit betreffen.
Ich meine, der Zwang wird bald fallen im Bereich der Psychiatrie. Es muß aber noch was getan werden auf Seiten der psychisch Kranken. Rechte werden einem nicht geschenkt, sondern man muß sie sich erkämpfen, wie die Behindertenverbände es in New York getan haben. Wahrscheinlich will man in Deutschland den ganzen Rattenschwanz von Wiedergutmachung und Entschädigung vermeiden. Das muß aber erkämpft werden. Jährlich kommen in der Psychiatrie mehr als 3000 psychisch Kranke um. (vergleiche Statistisches Jahrbuch) Das muß aufhören. Man stelle sich mal vor, ein psychisch Kranker würde einen Psychiater töten, was dann los wäre.